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12. Oktober 2022

Die Fenster im Mietrecht – Erhaltungspflicht und Investitionsersatz

In der wohnrechtlichen Beratungspraxis geht es oft um die sogenannten Instandsetzungs- und Erhaltungspflichten des Vermieters, insbesondere was die Fenster betrifft, sowie um allfällige Investitionsersatzansprüche des Mieters, wenn er sich selbst um eine Erneuerung oder Reparatur kümmert.

Quelle: https://pixabay.com/de/photos/fenster-mauer-haus-fassade-geb%c3%a4ude-941625/

Im Bereich der Vollanwendung des MRG trifft den Vermieter gemäß § 3 Abs 2 Z 1 MRG die Erhaltungspflicht betreffend allgemeiner Teile der Liegenschaft. Nach ständiger Rechtsprechung stellen die Wohnungsfenster als Bestandteil der „Außenhaut“ des Hauses einen solchen allgemeinen Teil dar und sind daher von der Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3Abs 2 Z 1 MRG umfasst (MietSlg 41.192 uvm).

Bei den vor allem in den Wiener Gründerzeithäusern oft anzutreffenden „Kastenfenstern“, die aus Innen- und Außenfenster bestehen, sind dagegen nur die Außenfenster als allgemeine Teile der Liegenschaft anzusehen. Die Erhaltung der Innenfensterflügel als Teil des Mietgegenstands obliegt dem Mieter, sofern nicht ein ernster Schaden des Hauses bzw eine erhebliche Gesundheitsgefährdung vorliegt (5 Ob 197/97i).

Verbundfenster, bei denen Außen- und Innenseite funktional miteinander verbunden sind, werden aber als Ganzes als Teil der „Außenhaut“ betrachtet und fallen daher wieder zur Gänze in die Erhaltungspflicht des Vermieters (5 Ob 123/10i).

Die Grundvoraussetzung jeglicher Erhaltungspflicht ist ein Mangel im Sinne einer Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit und Brauchbarkeit oder zumindest eine Schadensgeneigtheit (5 Ob 106/08m). Erst wenn ein Mangel vorliegt, kann ich den Vermieter in Pflicht nehmen und unter Umständen nicht nur die Instandhaltung selbst, sondern auch eine darüberhinausgehende Erneuerung von ihm verlangen.

Ausschlaggeben dafür ist, ob aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Austausch bzw. die Erneuerung der Fenster vernünftiger ist, als eine bloße Instandhaltung (5 Ob 110/91, 5 Ob 15/96 uvm). Dabei ist nicht nur ein Vergleich der Kosten zwischen Erneuerung und Instandhaltung heranzuziehen, sondern auch die in Zukunft zu erwartenden Sanierungskosten einzubeziehen. Bei der Wahl des Materials der auszutauschenden Fenster ist der Vermieter aber grundsätzlich frei, sofern er sich am ortsüblichen Standard und am allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses orientiert (5 Ob 110/91).

Diese notwendigen Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten kann der Mieter auch bei der Schlichtungsstelle der Stadt Wien mittels Antrag erzwingen, wenn sich der Vermieter weigert die Arbeiten durchführen zu lassen. Der Österreichische Mieterschutzring berät und unterstützt Sie dabei gerne.

Hat der Mieter entweder aus Eigeninitiative oder aufgrund falscher Informationen die Fenster selbst erneuern oder instand setzen lassen, besteht dennoch eine Möglichkeit sich beim Vermieter schadlos zu halten und können unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche nach § 10 MRG oder § 1097 ABGB geltend gemacht werden.

Die Kosten einer bloßen Instandhaltung kann der Mieter unter der Voraussetzung einer vertraglichen oder gesetzlichen (§ 3 MRG, § 14a WGG, § 1096 ABGB) Erhaltungspflicht des Vermieters, nach § 1097 iVm § 1036 ABGB (notwendiger Aufwand) sofort vom Bestandgeber rückfordern, da er einen Aufwand getätigt hat, für den der Vermieter einzustehen hat. Dieser steht ihm in voller Höhe (nicht reduziert durch etwaige Abschreibungen) zu, der im aufrechten Mietverhältnis außerdem erst nach 30 Jahren verjährt. Lediglich im Falle einer Beendigung des Mietverhältnisses muss der Anspruch binnen sechs Monaten ab Zurückstellung des Mietgegenstands gerichtlich geltend gemacht werden.

Bei Erneuerung der Fenster können nach Auflösung des Mietverhältnisses Ansprüche nach § 10 MRG geltend gemacht werden. Zwar ist eine Erneuerung der Fenster nicht ausdrücklich in der taxativen Aufzählung des § 10 Abs 3 MRG enthalten, nach herrschender Rechtsprechung sind solche Investitionen aber dann als andere gleichwertige Verbesserungen iSd § 10 Abs 3 Z 4 MRG anzusehen, wenn damit eine Erhöhung des Schall- und Wärmeschutzes bewirkt wird, unabhängig davon, ob eine mögliche öffentliche Förderung konkret in Anspruch genommen wurde (7 Ob 532/90, 6 Ob 614/90).

Hier muss der Anspruch allerdings unter Benennung der vorgenommenen Investitionen und Vorlage von Rechnungen in einer konkreten Höhe innerhalb der gesetzlichen Fristen von 14 Tagen nach Auflösung durch den Mieter, in allen übrigen Fällen (bei Auflösung des Mietverhältnisses durch den Vermieter, aber auch bei Beendigung befristeter Verträge durch Ablauf der bedungenen Frist) innerhalb von zwei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft eines allfälligen Räumungstitels geltend gemacht werden.

Dem Mieter steht somit bei entsprechenden Mängeln an den Fenstern nicht nur der Weg der Durchsetzung einer Erhaltungsverpflichtung des Vermieters mittels Antrags gemäß §§ 3, 6 iVm 37 MRG bei der Schlichtungsstelle offen, sondern er kann, im Falle der Durchführung im eigenen Namen, auch Ansprüche nach § 1097 ABGB bzw § 10 MRG geltend machen. Ein etwaiger Anspruch nach § 1097 iVm § 1036 ABGB wird dabei sofort fällig, ein Anspruch nach § 10 MRG erst nach Beendigung des Mietverhältnisses.

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